Der neue Trend: Leichte Sprache, die Sprache für alle
- Sonja Gross
- 8. Aug. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Mai
Was ist Leichte Sprache? Wieso braucht es Leichte Sprache? Was macht Leichte Sprache aus?
Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Durch Leichte Sprache werden Texte so vereinfacht, dass sie für alle leicht verständlich sind. Leichte Sprache erleichtert für viele Menschen den Zugang zu Informationen. Damit ist sie ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und des Behindertengleichstellungsgesetzes.

Gesetzliche Grundlage
Artikel 9 der UN-BRK fordert Zugänglichkeit: Es sollen geeignete Massnahmen ergriffen werden, um Menschen mit Behinderungen unter anderem den gleichberechtigten Zugang zu Information und Kommunikation zu gewährleisten. Die Leichte Sprache ist deshalb ein hervorragend geeignetes Instrument zur Umsetzung der UN-BRK in Institutionen sowie in allen öffentlichen und privaten Organisationen. Das „Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung“ oder auch „Behindertengleichstellungsgesetz“ genannt, ist in der Schweiz 2004 in Kraft getreten. Dieses Gesetz dient der Beseitigung und Verhinderung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz. Es ist eine Benachteiligung für Menschen mit Behinderung, wenn Texte so kompliziert geschrieben sind, dass diese für sie nicht verständlich sind. Leichte Sprache ermöglicht Menschen mit Behinderungen denselben Zugang zu Informationen, wie allen anderen Menschen.
Zielgruppe
Leichte Sprache ist nicht nur für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung wichtig. Leichte Sprache richtet sich auch an ältere Menschen, insbesondere an Menschen mit Demenz, Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung oder Gehörlosigkeit sowie an Menschen, die eine andere Muttersprache haben. Ebenfalls profitieren bildungsferne Menschen und Menschen mit einem geringen Bildungsniveau.
Einordnung der Leichten Sprache im europäischen Referenzrahmen Wer einmal einen Sprachkurs besucht hat, erinnert sich bestimmt noch an das Diplom, das er bekommen hat, nachdem er den Kurs erfolgreich absolviert hatte. Auf dem Diplom stand dann: Lisa Meier hat den Kurs Französisch auf Niveau B1 erfolgreich besucht. Die Niveaustufen reichen von A1 bis C2. In nebenstehender Abbildung werden die Stufen einzeln erläutert. Texte in Leichter Sprache sind in der Regel für das Niveau A1 und A2 geschrieben. Ist der Text einfach geschrieben, aber richtet sich nicht nach speziellen Regeln, ist er in der Regel in einfacher Sprache und entspricht ungefähr dem Niveau B1.

Die Niveaustufen A1 bis C2 entsprechend dem europäischen Referenzrahmen

Sprachniveau der Allgemeinbevölkerung Untenstehende Abbildung zeigt die Verteilung der Sprachniveaus in der Bevölkerung Deutschlands. Daraus ist zu entnehmen, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung auf Niveau B1 befindet. Das Kompetenzniveau von 20% der Bevölkerung liegt auf Niveau A1 und A2, was der Leichten Sprache entspricht. Die grosse Mehrzahl an Behörden- und Firmeninformationen wird hingegen auf Niveau C1 verfasst. Es ist anzunehmen, dass diese nur von einer Minderheit auch verstanden werden.
Für die Schweiz habe ich keine aktuelle Studie gefunden, in der das Kompetenzniveau der erwachsenen Bevölkerung untersucht wurde.

Jedoch zeigt die letzte PISA-Studie von 2015, dass die Lesefähigkeit der 15-Jährigen ungefähr gleich hoch ist wie das Sprachniveau der deutschen Erwachsenen. Ungefähr 20% der Jugendlichen verfügen über höchstens rudimentäre Kompetenzen im Lesen. Davon sind 13,5% in der Lage, einem Text Einzelinformationen zu entnehmen, das Hauptthema eines vertrauten Textes zu erkennen sowie einfache Bezüge zu Aspekten des täglichen Lebens herzustellen. 6,5% fehlen selbst diese eingeschränkten Kompetenzen (vgl. Bfs 2017, online).
Das lässt vermuten, dass das Sprachniveau der Schweizer*innen vergleichbar ist mit dem der deutschen Bevölkerung. Was zeigt, dass jede*r Fünfte Leichte Sprache und die Mehrheit der Menschen einfache Sprache benötigen, um den Inhalt erfassen zu können.

Fazit
Beim Verfassen einer Textes oder einer Information sollte immer überlegt werden wer der Adressat bzw. die Adressatin ist. Nur, wenn Informationen adressatengerecht verfasst werden, werden sie auch verstanden. Aus diesem Grund empfehle ich allen sozialen Institutionen, die mit Menschen mit einer Beeinträchtigung oder mit bildungsfernen Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten, Informationen in Leichter Sprache zur Verfügung zu stellen. Zugängliche Informationen sind für alle diese Menschen wichtig. Sie helfen:
neue Dinge zu lernen,
am Leben der Gesellschaft teilzuhaben,
seine Rechte zu kennen und sich für sie einzusetzen,
eigene Entscheidungen zu treffen (vgl. https://easy-to-read.eu, online).
Möchten Sie Informationen zugänglicher machen oder haben Sie Fragen zur Umsetzung? Ich freue mich über Ihre Nachricht!
Literatur und Links
Behindertengleichstellungsgesetz, online: https://www.edi.admin.ch/edi/de/home/fachstellen/ebgb/recht/schweiz/behindertengleichstellungsgesetz-behig.html (letzter Zugriff: 1.7.2019) BFS, Bundesamt für Statistik (2017), online: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/nachhaltige-entwicklung/cockpit/bildung-forschung-innovation/lesefaehigkeit-15-jaehriger.html (letzter Zugriff: 1.7.2019) Inclusion Europe (2016): Europäischer Standard für Leichte Sprache, online: https://easy-to-read.eu/de (letzter Zugriff: 1.7.2019) UN-Behindertenrechtskonvention, online: https://www.edi.admin.ch/edi/de/home/fachstellen/ebgb/recht/international0/uebereinkommen-der-uno-ueber-die-rechte-von-menschen-mit-behinde.html (letzter Zugriff: 1.7.2019)




