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Resilienz – das Immunsystem der Psyche

Aktualisiert: 7. Mai

Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandskraft, die innere Stärke eines Menschen. Durch diese psychische Widerstandskraft können Krisen, wie zum Beispiel traumatische Erlebnisse, Konflikte, Erkrankungen oder auch die Corona-Epidemie, ohne anhaltende Beeinträchtigung überstanden werden. Resilienz ist gewissermassen das Immunsystem der Seele.


Gerade in dieser jetzigen ausserordentlichen Zeit ist Resilienz mehr denn je gefragt. Von uns, aber auch von unseren Klient*innen in sozialen Institutionen. Lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihre und die Resilienz Ihrer Klient*innen stärken können


Mann in grauem Hoodie steht vor Tafel mit gezeichneten Muskeln, Arme verschränkt. Ausdruck: nachdenklich. Logo und Text im Bild.


Schutzfaktoren innerhalb und ausserhalb der Person


​Die Forschung hat gezeigt, dass es schützende Faktoren gibt, welche die schädliche Wirkung ungünstiger Entwicklungsbedingungen, sogenannter Risikofaktoren, abschwächen. Dazu gehören sowohl Schutzfaktoren innerhalb als auch ausserhalb des Menschen. Zu den personalen Schutzfaktoren gehören beispielsweise Selbstwirksamkeitsüberzeugung, internale Kontrollüberzeugung, eine optimistische und zuversichtliche Lebenseinstellung, religiöser Glaube oder Spiritualität sowie Verfolgung von Talenten und Ausüben von Interessen und Hobbies. Beispiele für äussere Resilienzfaktoren sind soziale Unterstützung, positive Freundschaftsbeziehungen, klare, konsistente Regeln und Abläufe, Wertschätzung, Vorhandensein positiver Rollenmodelle oder altruistische Handlungen für andere.



Trichtergrafik zeigt Umweltschutz- und personale Schutzfaktoren, wie Optimismus und Hobbies, die zu psychischer Widerstandskraft führen.

Schutzfaktoren können das Auftreten einer psychischen Beeinträchtigung oder einer anderen Entwicklungsstörung verhindern oder abwehren und stärken somit das psychische Immunsystem. 


Wie Sie Ihr psychisches Immunsystem stärken

Das eigene psychische Immunsystem zu stärken ist eine der wichtigsten Aufgaben in der jetzigen Zeit. Damit sorgen Sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Menschen in Ihrer nächsten Umgebung; für Ihre Familie und Freunde, Ihre Kolleg*innen und Klient*innen. Nur so können Sie auch für diese da sein, wenn Sie gebraucht werden. Und da zudem durch unsere Spiegelneuronen Gefühlszustände anderer Menschen unbewusst aufgenommen werden, ist es umso wichtiger, dass Sie die Menschen um sich herum positiv beeinflussen – eben weil dies auch direkt wieder Einfluss auf Sie hat. Damit kommen wir auch schon zu den verschiedenen Möglichkeiten, die Ihnen dabei helfen können, Ihr psychisches Immunsystem zu stärken:


  • Lassen Sie Ihre Psyche nicht unbewusst negativ beeinflussen

Tagtäglich erhalten wir tausende von Informationen, die uns und unsere Psyche beeinflussen. Zum Teil geschieht dies bewusst und zum Teil unbewusst. Es gibt zahlreiche Tricks, um unsere Psyche nicht unbewusst negativ beeinflussen zu lassen.

Ein Trick ist keine Nachrichten im Hintergrund oder als Popup laufen zu haben. Sich stets bewusst und nur zu bestimmten Zeiten über die aktuelle Situation zu informieren, hilft dabei, negative Informationen nicht ins Unterbewusstsein gelangen zu lassen und die Kontrolle über den aktuellen Gefühlszustand zu bewahren.

Ein andere wirkungsvolle Methode, um sich nicht durch andere Personen negativ beeinflussen zu lassen ist sich selbst, nach einem Treffen oder einem Gespräch mit einer anderen Person, für einen Augenblick lang bewusst wahrzunehmen und sich zu fragen: Wie fühle ich mich jetzt? Wenn etwas Negatives da ist: Gehört das zu mir oder sind das die Gefühle der anderen Person, die mich gerade beeinflusst haben?


  • Kultivieren Sie Achtsamkeit

Achtsamkeit zu kultivieren kann bedeuten, dass Sie mehrmals am Tag Ihre ganze Aufmerksamkeit bewusst auf den aktuellen Augenblick zu richten, um wahrzunehmen, wie es Ihnen oder Ihrem Gegenüber geht. Beispielsweise können Sie das tun, indem Sie zu sich selbst sagen, dass Sie jetzt ganz bei sich sind. Nehmen Sie sich über alle Sinne bewusst wahr und versuchen Sie jede Zelle Ihres Körpers von der Haarwurzel bis zur Zehenspitze zu erfühlen.


  • Geben Sie Ihrer Psyche positive Inputs

Positive Inputs können Sie Ihrer Psyche geben, indem Sie etwa nach positiven Neuigkeiten suchen, Witze lesen oder sich bewusst an schöne, bereichernde und wohltuende Momente in Ihrem Leben erinnern. Das Heilsamste für die Psyche überhaupt ist Lachen. Und was spannend, und ebenfalls wissenschaftlich erwiesen ist: Es funktioniert auch dann, wenn einem nicht nach Lachen zumute ist.


  • Nutzen Sie die positiven Effekte von Bewegung

Nicht nur die Mimik beeinflusst unser Befinden, sondern unser gesamter Körper wirkt sich auf unseren Geist aus. Bei sportlicher Betätigung werden Endorphine ausgeschüttet, die glücklich machen, und eine gerade Haltung erhöht unmittelbar das Selbstvertrauen.


  • Bauen Sie Entspannungsmomente in Ihren Alltag ein

Jede*r hat seine eigenen funktionierenden Entspannungstechniken – sei es ein Bad zu nehmen, sich eine Massage zu gönnen, zu meditieren oder sich auf den Rücken zu legen und guter Musik zu lauschen. Wissenschaftlich erwiesen ist der positive Effekt von Muskelrelaxationstraining und ich persönlich kann Ihnen Yogamet sehr empfehlen.

Wie Sie die das psychische Immunsystem Ihrer Klient*innen stärken

Klient*innen mit einer geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder auch Kinder sind auf unsere Unterstützung angewiesen, um Ihre Resilienz zu stärken. Indem Sie selbst entspannt sind, unterstützen Sie auch die Resilienz Ihrer Klient*innen.


  • Strahlen Sie Ruhe, Gelassenheit und Positivität aus

Ihre Ausstrahlung wird sich unmittelbar auf Ihre Klient*innen übertragen. Aufgrund des Machtverhältnisses geschieht die Übertragung von Fachperson auf Klient*in noch viel schneller als umgekehrt. Indem Sie sich dessen bewusst sind und gezielt einsetzen, dienen Sie als positives Rollenmodell und können so vielen Klient*innen dabei unterstützen, psychisch gesund zu bleiben.


  • Fördern Sie Hobbies, Interessen und soziale Kontakte

Wer seinen Hobbies und Interessen nachgeht und soziale Kontakte hat, ist psychisch stabiler als jemand, der dies nicht tut. Gesellschaftsspiele und Bastelangebote gewinnen damit in Zeiten von Corona, in denen die Klient*innen sich nicht draussen aufhalten dürfen, wieder besonders an Bedeutung. Durch die Anschaffung neuer Spiele gelingt es Ihnen vielleicht, wieder neue Freude ins Gemeinschaftsleben zu bringen.

Basteln und das Pflegen sozialer Kontakte können ebenfalls gut verknüpft werden: Wieso nicht ein Geschenk für eine nahestehende Person basteln und dieses dann mit einer Karte verschicken?

Die positive Psychologie kennt noch ein weiteres Tool, das die subjektive Lebensqualität und die psychische Widerstandskraft stark erhöht: das Dankbarkeitstagebuch. Erstellen Sie mit interessierten Klient*innen ein Buch oder ein Poster, in dem gemeinsam kontinuierlich alles sammeln, wofür sie dankbar sind.


  • Nutzen Sie Glaube oder Spiritualität als Schutzfaktoren

Essentielle und anerkannte Schutzfaktoren sind Glaube oder Spiritualität. Doch ist der Zugang zu Kirchen und religiösen Angeboten derzeit stark erschwert. Dabei könnte es genau das sein, was vielen Menschen guttut. Indem Sie im Alltag vermehrt den persönlichen Glauben thematisieren, können Sie Ihre Klient*innen dabei unterstützen, all das an Glaubenskraft, das vorhanden ist, ins Bewusstsein zu rücken und als Ressource zu nutzen.


  • Sorgen Sie für klare, transparente und konsistente Abläufe

Die aktuelle Ausnahmesituation erfordert von uns allen viel Flexibilität und Anpassung, damit die Schutzmassnahmen zur Verringerung der Ansteckungsgefahr eingehalten werden. Und gerade in dieser Zeit der Unsicherheit sind klare, transparente und konsistente Abläufe umso wichtiger. Stellen Sie deshalb sicher, dass Ihre Klient*innen eine tägliche Routine und Struktur haben und über diese gut Bescheid wissen. Darüber hinaus kann zum Beispiel eine Infowand hilfreich sein, auf der visuell die aktuellen Massnahmen, aber auch die Fixpunkte und Ziele dargestellt werden. Dies gibt den Klient*innen inneren Halt und vermittelt ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit.


  • Nutzen Sie die Wirkung altruistischer Handlungen

Wenn Klient*innen mit uneigennützige Handlungen anderen helfen, so kommen sie selbst von der Opfer- in die Helferrolle. Dadurch werden die Selbstwirksamkeit und das eigene Kontrollerleben gestärkt sowie eigene Ressourcen aufgedeckt und aktiviert. So könnten Klient*innen aus einer Behinderteninstitution vielleicht Bewohner*innen des naheliegenden Altersheimes eine Freude machen. Oder die Bewohnenden im Altersheim den Mitarbeitenden des Spitals. Vielleicht ist es auch möglich, intern Strukturen aufzubauen, in denen die Menschen sich gegenseitig unterstützen.  Aber auch schon die Pflege und Verantwortung für eine Pflanze oder auch ein Tier zu übernehmen, hat nachweislich einen positiven Effekt auf die psychische Gesundheit.



Bleiben Sie kreativ und lösungsorientiert


Es gibt eine Vielzahl an Ideen und Möglichkeiten, um die Resilienz zu stärken. Deshalb erhebt diese Auflistung auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bleiben Sie also kreativ und suchen Sie, gemeinsam mit Ihren Klient*innen, aktiv nach neuen, sich positiv auswirkenden Mitteln und Möglichkeiten.

Haben Sie weitere Ideen und Lösungsstrategien, die Ihnen und den Klient*innen beim Überstehen dieser ausserordentlichen Zeit helfen können? Dann teilen Sie diese unten in den Kommentaren! Ich freue mich über Ihr Feedback und Ihre individuellen und kreativen Vorschläge.


Literatur und Tipps

Antonovsky, Aaron (1979): Health, stress, and coping. New perspectives on mental and physical well-being. San Francisco: Jossey-Bass.


​​Frenk, Rafael (2020): Sieben Wege wie du überall abschalten kannst. Online: Entspannung: 7 Wege wie du überall abschalten kannst (primal-state.de) (letzter Zugriff am 5.12.2020).


Wustmann, Corinna (2004): Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. Berlin: Cornelsen.

Sonja Gross 

Master of Arts in Erziehungswissenschaft

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