Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung und Qualitätsüberprüfung - in sozialen Organisationen fallen diese Begriffe immer häufiger. Doch wieso eigentlich? Weshalb ist Qualitätsmanagement so wichtig? Und wie wird Qualität im Sozialbereich gemessen? Warum ist Qualitätsmanagement heute auch im Non-Profit-Bereich wichtig? Lange Zeit waren soziale Organisationen nicht gezwungen, ihre Arbeit zu bewerten und ihre Wirksamkeit nachzuweisen. Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts (u.a. durch die Einführung des New Public Managements) werden die Frage der Wirksamkeit und Qualität immer wichtiger. In diesem Zusammenhang wird auch von «Wirkungsorientierung» und «Qualitätsorientierung» gesprochen, die an Bedeutung gewonnen haben. Heutzutage müssen viele soziale Organisationen die Qualität des Tuns und die Wirksamkeit der Leistungen nach aussen legitimieren (lesen Sie dazu auch meinen Artikel zum Thema Wirkungsmessung). Die Ansprüche an die Qualität und den Qualitätsnachweis von sozialen Institutionen haben bedeutend zugenommen. Gleichzeitig hat sich der Verteilungskampf um die finanziellen Mittel des Staates verstärkt. Organisationen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, geraten unter Druck. Von ihnen wird ein Nachweis gefordert, dass sie ihre finanziellen Ressourcen effizient und effektiv, also kostenbewusst, gezielt und klientenorientiert einsetzen. Die Einführung von Konzepten und Instrumenten des Qualitätsmanagements ermöglichen es ihnen, den geforderten Nachweis zu erbringen. Der Nachweis, dass das Geld klientenorientiert eingesetzt wird, ist insbesondere aufgrund der mangelnden Verhandlungsmacht der Klient*innen so wichtig. Im Gegensatz zum profitorientierten Sektor, in dem die Kundschaft zwischen verschiedenen Anbietern das beste Angebot auswählen kann, hat die Klientel oftmals keine grosse Auswahl oder Entscheidungsfreiheit (vgl. Speck 2004, S. 208). Was bedeuten Qualitätsentwicklung, QM und QMS? Qualitätsentwicklung Der Begriff der Qualitätsentwicklung geht über den der –sicherung hinaus und beschreibt Massnahmen und Vorkehrungen zur Planung, Lenkung und Verbesserung von Produkten/Leistungen und Verfahren ihrer Herstellung (vgl. Gerull 2007, S. 292). Qualitätsmanagement (QM) Qualitätsmanagement, oft wird die Abkürzung QM verwendet, beinhaltet: «(…) aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich Qualität» (DIN EN ISO 9000). Dabei geht es im Kern um folgende zwei Punkte: 1. Gestaltung von Prozessen: Qualitätsmanagement muss die Ausrichtung der gesamten Prozesse in einer sozialen Organisation im Blick haben und diese steuern. Dazu schafft sie Strukturen, die der Prozessstabilität einen zuverlässigen Rahmen geben. Beispielsweise wird das Eintrittsverfahren oder die Förderung von Klient*innen nach sinnvollen und einheitlichen Kriterien gestaltet. 2. Definition von Kriterien der Beurteilung und Entwicklung: Im Rahmen des Qualitätsmanagements wird festgelegt, wann und wie die Prozesse überprüft und angepasst werden. Qualitätsmanagementsystem (QMS) «Unter einem Qualitätsmanagementsystem wird die gesamte Organisationsstruktur, die Regelung von Verantwortlichkeiten, das Verfahren, die Festlegung der Prozesse sowie das zur Verfügungstellen aller erforderlichen Mittel, die für die Verwirklichung des Qualitätsmanagements erforderlich sind, verstanden» (Vomberg 2010, S. 17). Dazu gehören beispielsweise die interne Dokumentensammlung mit dem Organigramm, Prozessbeschreibungen und Formulare zu Eintritts- und Austrittsverfahren usw. Wie kann Qualität überprüft werden? Es stellt sich die Frage, wie Organisationen Qualität nachweisen können. Dazu gibt es eine Reihe ganz unterschiedlicher Möglichkeiten und Herangehensweisen. Grundsätzlich kann Qualität immer intern oder extern evaluiert werden. Intern bedeutet, dass Mitarbeitende der Organisation, die untersucht wird, die Evaluation bzw. das Audit durchführen. Externe Evaluationen werden durch aussenstehende Fachleute, meist Sozialwissenschaftler*innen, gemacht. Während interne Evaluationen Vorteile haben, wie grössere Offenheit bezüglich der eigenen Stärken und Schwächen und dadurch unter Umständen mehr daraus gelernt werden kann, sind die Ergebnisse externer Evaluationen nach aussen hin anerkannter. Unabhängig davon, ob die Qualität intern oder extern gemessen wird, gibt es unterschiedliche Methoden. Dabei kann zwischen qualitativen und quantitativen Erhebungsmethoden unterschieden werden. Bei den qualitativen Methoden geht es um das Beschreiben, Interpretieren und Verstehen von Zusammenhängen. Mit diesen Methoden untersucht man einen Gegenstand in der Tiefe und im Detail. Dadurch können auch neue und nicht erwartete Informationen hervorgebracht werden. Mit quantitativen Methoden wird versucht, Verhalten oder Veränderungen in Form von zahlenmässigen Ausprägungen möglichst genau zu beschreiben und zu erfassen. Quantitative Verfahren werden insbesondere dort eingesetzt, wo man Informationen von möglichst vielen Personen erhalten will oder, um Daten über einen gewissen Zeitraum zu vergleichen. Die Ergebnisse sind dann typischerweise Zahlen, die in Form von Statistiken und Tabellen dargestellt werden. Qualitative und quantitative Daten können beispielsweise erhoben werden durch:
Qualität durch Zertifizierungen nachweisen Eine weitere Möglichkeit, Qualität einzuführen und nachzuweisen, ist die Einführung eines anerkannten QM-Systems. Dabei gibt es QM-Systeme, die branchenübergreifend eingesetzt werden und sich auf die Struktur und die Prozesse in der Organisation fokussieren, sogenannte «strukturell-ablauforientierte QM-Systeme», und es gibt «fachlich orientierte QM-Systeme». Strukturell-ablauforientierte QM-Systeme
Fachlich orientierte QM-Systeme
Auf zwei der oben aufgeführten QM-Systeme möchte ich im Folgenden beispielhaft eingehen. Normenreihe DIN ISO 9000 – 9004 Die DIN ISO ist kein Instrument zur Festlegung des Qualitätsniveaus, sondern definiert Mindestanforderungen an ein QM-System und hat die vollständige Dokumentation der Abläufe zum Ziel. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass dann bestmögliche Qualität erbracht wird, wenn die Produkterstellung logisch geplant, vereinheitlicht und für alle transparent ist. INSOS Q Das Referenzsystem INSOS Q wurde als Nachfolgermodell des BSV-IV 2000 durch den Branchenverband INSOS erstellt. Es wurde speziell für Organisationen für Menschen mit Behinderung entwickelt. Das Referenzsystem besteht aus zwei Teilen: 1. Mindestanforderungen an ein QMS 2. Qualitätsstandards Der 2. Teil des Referenzsystems enthält 24 Qualitätsstandards, welche durch qualitative Anforderungen erweitert wurden und deren Erfüllung anhand der aufgeführten Beispiele von Indikatoren nachgewiesen werden kann. Wichtige Erkenntnisse zusammegefasst Qualitätsmanagement und Qualitätsmanagementsysteme können ganz unterschiedlich aussehen und verschieden angegangen werden. Entgegen der Vorstellung, die manch einer davon hat, ist Qualitätssicherung und -entwicklung nicht automatisch mit einem riesigen Mehraufwand verbunden. Im Gegenteil: Managementsysteme tragen, wenn sie richtig eingesetzt werden, dazu bei, dass Abläufe effektiver gestaltet und Zeit und Geld gezielter eingesetzt werden. Literatur und Links Deinet, Ulrich/Sturzenhecker, Benedikt (1996): Konzepte entwickeln. Anregungen und Arbeitshilfen zur Klärung und Legitimation. Weinheim, Juventa Verlag. Schilling, Johannes (2016): Didaktik/Methodik Sozialer Arbeit. München, Ernst Reinhardt GmbH & Co KG Verlag, 6. Auflage. Peterander, F.; Speck, O. (Hrsg.) (1999): Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen. Ernst Reinhardt Verlag. München, Basel. Textor, Martin R./Bostelmann, Antje: Das Kita-Handbuch. Online: https://www.kindergartenpaedagogik.de/2284.html (letzter Zugriff: 19.03.2018).
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Sonja Gross Master of Arts in Erziehungswissenschaft
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