Conceptera hat gemeinsam mit den Verantwortlichen für die Jugendarbeit der katholischen Kirche, genauer des Bistums St. Gallen, ein Qualitätslabel für jugendfreundliche Kirchgemeinden bzw. Seelsorgeeinheiten entwickelt. Aber wozu braucht es ein Label? Wie wurde das Label entwickelt? Und was macht denn nun eine jugendfreundliche Kirchgemeinde aus? Linus Brändle von der diözesanen Fachstelle kirchliche Jugendarbeit Bistum St. Gallen, kurz DAJU, und Nelum Rohner von der Fachstelle für kirchliche Jugendarbeit Uznach, kurz akj Uznach, erzählen im Interview mehr über das Label, dessen Zweck und den Erarbeitungsprozess. Wozu braucht es ein Label? Sonja Gross (Conceptera): Anders als in der Warenproduktion ist die Qualität bei der Begleitung von Menschen oft nicht sofort sichtbar oder messbar. Genau deshalb machen Qualitätsstandards und Labels Sinn: Mithilfe von diesen kann man die Qualität der Angebote und der Begleitung zumindest ein Stück weit messen, reflektieren und weiterentwickeln. Im Mai 2022 seid ihr auf mich zugekommen mit der Idee, Seelsorgeeinheiten mit qualitativ hochwertiger Jugendarbeit auszuzeichnen. Ihr wolltet einen Leitfaden erstellen mit Kriterien, um die Qualität zu prüfen und an um Kirchgemeinden, die die Kriterien erfüllen, ein Label zu vergeben. Wieso? Wozu? Linus Brändle (DAJU): Das Unterwegssein mit jungen Menschen muss aktiv und engagiert an der Zielgruppe und deren Bedarf ausgerichtet werden, damit es gelingen kann. In unserer Wahrnehmung gibt es Seelsorgeeinheiten, die das zwar tun, aber in der Öffentlichkeit wird noch wenig davon wahrgenommen. Andere Seelsorgeeinheiten haben diese Aufgabenstellung aus dem Blick verloren und es bräuchte einen verstärkten Anreiz, der Jugendpastoral wieder eine stärkere Bedeutung zu schenken. Mit dem Label möchten wir diejenigen Seelsorgeeinheiten auszeichnen und bestärken, welche mit einer vorbildlichen Qualität in die Jugendarbeit investieren. Gleichzeitig soll das Label ein Anreiz für andere Seelsorgeeinheiten sein, ihre Jugendarbeit gezielt weiterzuentwickeln, auch damit sie ebenfalls mit einem «jugendfreundlich Label» ausgezeichnet werden. Uns ist es wichtig, in der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die kirchliche Jugendarbeit eine wichtige und professionell fundierte Arbeit leistet. Wie wurde das Label entwickelt? Sonja Gross (Conceptera): Gemeinsam haben wir die Meilensteine festgelegt, die es für ein solches Vorhaben braucht: Zunächst einmal ging es darum zu erarbeiten, was eine jugendfreundliche Seelsorgeeinheit ausmacht und die entsprechenden Qualitätsmerkmale zu definieren. Danach haben wir die einzelnen Schritte für den Zertifizierungs- und Auditprozess festgelegt und schliesslich einen Leitfaden erstellt, an dem sich interessierte Kirchgemeinden orientieren können. Ausserdem musste ein attraktives Label erstellt werden und auch die Marketingstrategie durfte nicht zu kurz kommen. Wie habt ihr den Prozess erlebt? Welche Schritte waren für euch besonders bedeutsam? Linus Brändle (DAJU): Die Idee, ein Tool zu entwickeln, das für engagierte Jugendarbeitsteams verlockend und bestärkend ist, hat mich fasziniert. Ich war mir bewusst, dass es anspruchsvoll wird, die Qualitätsmerkmale eindeutig festzulegen und die Abläufe der Labelvergabe zu standardisieren. Unter der Leitung von Sonja Gross ist es dem Team aus DAJU- und Akj-Leuten gelungen, eine gute Basis auszuarbeiten. Es brauchte dazu mehrere Vernehmlassungsschlaufen mit den Mitgliedern der DAJU-akj-Zusammenarbeit und die Abstimmung mit der Bistumsleitung, welche diese Erarbeitung finanzierte. Nelum Rohner (akj): Der Prozess war aufregend, intensiv und inspirierend. Für mich war die Entwicklung der Qualitätsmerkmale am bedeutsamsten, da es dadurch Fleisch am Knochen gab. Ich war froh, dass Sonja Gross den Lead übernommen und alles verschriftlicht hat und einen Rahmen und ihr Fachwissen eingebracht hat. Was macht eine jugendfreundliche Kirchgemeinde aus? Sonja Gross (Conceptera): Um professionelle Jugendarbeit zu betreiben, müssen eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden: Eine gute Programmidee allein reicht nicht aus. Damit es ein pädagogisch wertvolles Angebot ist, das die Jugendlichen in ihrer Entwicklung und Identitätsfindung unterstützt, müssen die Ziele, das Angebot und die pädagogische Begleitung aufeinander abgestimmt und konzeptionell durchdacht werden. Dazu braucht es das richtige Personal und geeignete Rahmenbedingungen, wie eine adäquate Infrastruktur und vorhandene Finanzen. Schliesslich muss das Angebot aber auch immer wieder ausgewertet werden, um die Qualität nachhaltig zu sichern und weiterzuentwickeln. Was macht eine jugendfreundliche Kirchgemeinde aus eurer Sicht aus? Welches sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale? Könnt ihr vielleicht 1, 2 Beispiele nennen? Linus Brändle (DAJU): Kirchliche Jugendarbeit wird von motivierten und engagierten Menschen getragen. Dabei braucht es ein gutes Zusammenspiel von Jugendarbeitenden, die Arbeitszeit für diese Aufgaben einsetzen können, mit Freiwilligen, die ihre Zeit in die Jugendarbeit investieren und mit Menschen, die mit kleinen Anstellungsprozenten mitarbeiten. Diese Menschen müssen Zeit und das Geschick haben, immer wieder mit jungen Menschen in Begegnung zu gehen. Sie entwickeln gemeinsam Projekte und Vorhaben für gemeinsame Wegstücke oder sind einfach da, wenn sie gebraucht werden. Diese Menschen verkörpern die Jugendarbeit. Die Institution als solche kann die Jugendarbeit nicht tragen, aber sie kann sie ermöglichen und fördern. Nelum Rohner (akj): Für mich ist eine Seelsorgeeinheit jugendfreundlich, wenn der bzw. die Jugendliche im Zentrum steht mit seinen bzw. ihren Bedürfnissen und nicht, wenn sie beim Sonntagsgottesdienst ersichtlich ist. Das wichtigste Qualitätsmerkmal ist für mich ist, dass sie Raum für ihre Persönlichkeitsentwicklung haben und diesen frei gestalten können sowie sie eine ausgebildete Fachperson der Sozialen Arbeit ihnen zur Seite steht. Sonja Gross (Conceptera): Herzlichen Dank für das Gespräch und für die großartige Zusammenarbeit!
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Hunde und Katzen sind immer häufiger anzutreffen in Einrichtungen, Schulen und bei Therapien. Doch weshalb genau? Was wird unter tiergestützter Pädagogik, Therapie und Aktivierung verstanden und was bewirkt sie? Diese Fragen werden im Folgenden beantwortet. Ausserdem wird näher auf den Therapie- bzw. Begleithund eingegangen. Was ist tiergestützte Pädagogik, tiergestützte Therapie und tiergestützte Aktivierung? Tiergestützte Pädagogik ist ein Ansatz der Pädagogik, bei dem Tiere in den Lernprozess integriert werden. Hierbei wird von speziell qualifiziertem Fachpersonal eine zielgerichtete, geplante und strukturierte Interaktion zwischen den Kindern oder Jugendlichen und den Tieren durchgeführt. Sind die Klient*innen erwachsen, wird anstatt von tiergestützter Pädagogik von tiergestützter Therapie oder Aktivierung gesprochen. Als Überbegriff wird in diesem Artikel der Begriff „tiergestützte Interventionen“ verwendet. Für tiergestützte Interventionen können unterschiedlichste Tiere eingesetzt werden. Zurzeit werden nebst Hunden am häufigsten Pferde, Katzen, Kaninchen oder Meerschweinchen eingesetzt. Empirische Studien haben gezeigt, dass die tiergestützte Intervention ein vielversprechender Ansatz ist, um Lernprozesse zu unterstützen. Welche Wirkung haben Tiere auf den Menschen? Mensch und Tier gehören entwicklungsgeschichtlich zusammen. Die Beziehung zu Tieren wirkt sich positiv auf das physische und psychische Wohlbefinden des Menschen aus und hat einen starken positiven sozialen Effekt. In zahlreichen Studien konnten die vielfältigen positiven Wirkungen von Tieren auf den Menschen nachgewiesen werden. So kann das Streicheln von Hunden oder das Striegeln von Pferden eine physiologische und emotionale Wirkung haben, indem es den Blutdruck und die Herzfrequenz positiv beeinflusst und die Ausschüttung verschiedener Glückshormone anregt, was zu mehr innerer Ruhe und einer positiveren Emotionalität führt. Ein Tier kann depressive Stimmungen aufheben, indem es mit seiner Spontanität und Freude die Lebenslust vom Menschen positiv beeinflusst. Aus den emotionellen Lerntheorien ist bekannt, dass eine positive Emotionalität eine wichtige Grundvoraussetzung für gelingendes Lernen und Aufnahmebereitschaft darstellt. Aber auch motorische Fähigkeiten können durch den Einsatz von Tieren gefördert werden – so haben beispielsweise Personen mit motorischen Problemen, die regelmäßig mit Pferden arbeiteten, eine deutliche Verbesserung ihrer motorischen Fähigkeiten festgestellt. Der Umgang und Einbezug von Tieren haben aber auch eine soziale Wirkung. Tiere fördern den sozialen Zusammenhalt unter anderem damit, dass sie Gesprächsstoff und ein gemeinsames Interesse liefern. Ausserdem ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Anwesenheit von Tieren die Harmonie bei zwischenmenschlichen Problemen erhöht und Tiere zum Beispiel in Schulklassen zur Förderung von Rücksichtnahme, Kompromissbereitschaft und Hilfsbereitschaft beitragen. Darüber hinaus kann der Umgang mit Tieren auch eine mentale und psychologische Wirkung entfalten. Eine positive Beziehung zwischen Mensch und Tier kann das Selbstwertgefühl sowie die Selbstwirksamkeit erhöhen. Spürt die Person, dass sie gebraucht wird und Verantwortung übernehmen muss, werden neue Kompetenzerfahrungen ermöglicht. Tiere haben also nicht nur eine positive Wirkung auf den Körper, die Psyche und den Geist, sondern auch auf das soziale Miteinander. Wie werden zum Beispiel Therapie-, Schulbegleit- oder Besuchshunde eingesetzt? Therapie-, Schulbegleit- oder Besuchshunde können in den unterschiedlichsten Kontexten eingesetzt werden – sowohl in Schulen als auch in Behinderteninstitutionen, in Pflegeheimen oder Kliniken. Die Hunde beispielsweise können bei der Integration von Kindern mit Autismus helfen oder Senior*innen dabei unterstützen, ihre Mobilität und Selbstständigkeit zu erhalten. Hunde als pädagogische oder therapeutische Begleiter wirken ausserdem häufig als Türöffner, sie erleichtern die Kontaktaufnahme und beschleunigen die Bildung einer Vertrauensbasis. Damit tragen die Tiere wesentlich zum Beziehungsaufbau sowie zu einem positiven Gruppenklima und zum Wohlbefinden der Klient*innen oder Patient*innen bei. Je nachdem für welche Aufgaben sie eingesetzt und durch wen sie begleitet werden, nennt man diese Therapie-, Schulbegleit- oder Besuchshunde. Auch wenn es hilfreich wäre, so gibt es für diese derzeit noch keine einheitliche Definition oder Ausbildung. Wo sind die Grenzen und was muss bedacht werden? Die Vorteile von tiergestützten Interventionen liegen also klar auf der Hand und es gibt immer mehr Einrichtungen, die Tiere, insbesondere Hunde, mit grossem Erfolg einsetzen. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass diese Form der Intervention keine Wunderwaffe ist und sie auch ihre Grenzen hat. So ist es beispielsweise wichtig, dass die Tiere gut ausgebildet und bei guter Gesundheit sind und professionell begleitet werden. Auch muss man bedenken, dass nicht jede Person auf Tiere gleich positiv reagieren wird – so können beispielsweise Personen mit einer Tierhaarallergie oder anderen Allergien nur begrenzt an solchen Programmen teilnehmen. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Tiere, insbesondere Hunde, und ihre Begleitperson eine entsprechende Ausbildung absolviert haben. Deswegen sollte die Einrichtung in einem „Konzept hundegestützte Pädagogik“ die Bedingungen des Tiereinsatzes wie Voraussetzungen, Dauer, Hygiene, finanzielle Fragen, Einsatzzeiten und Versicherungen genau klären und regelmässig prüfen. Überlegen Sie in Ihrer Einrichtung tiergestützte Interventionen einzusetzen? Oder möchten Sie den Einsatz der Tiere in Ihrer Einrichtung professionalisieren? Dann nehmen Sie Kontakt mit mir auf.
Demenz - eine stark zunehmendes Phänomen und grosse Herausforderung für Alters- und Pflegeheime. Durchdachte Demenzkonzepte erhöhen nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern auch die Lebensqualität der Bewohnenden und dienen als Grundlage für die Qualitätssicherung und -entwicklung. Ich freue mich, dass die Schweizer Gemeinde dieses wichtige Thema aufgenommen und meinen Artikel zum Beispiel des Pflegeheims Lichtblick, der Gemeinnützigen Stiftung Eulachtal in Elgg, diesen Monat veröffentlicht hat. Klientinnen und Klienten, Klient*innen, Klient/innen oder Klient_innen – wie denn nun? Die gendergerechte Schreibweise hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen und inzwischen gibt es unzählige Varianten, gendergerecht zu schreiben. Kein Wunder, dass man dabei schnell den Überblick verlieren kann. In diesem Artikel stelle ich Ihnen die verschiedenen Varianten gendergerechter Schreibung sowie ihre Vor- und Nachteile vor und geben Empfehlungen für die Praxis in sozialen Institutionen. Was ist gendergerechte Sprache? Gendergerechte Sprache bezeichnet eine Sprache, in der die Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck kommt. Früher wurde ausschliesslich in der männlichen Form geschrieben und gesprochen – zum Beispiel «die Klienten» oder «die Betreuer». Damit wurden Frauen sprachlich nicht sichtbar gemacht und damit oftmals auch gedanklich nicht gleichberechtigt miteinbezogen. Dies ist heute nicht mehr zeitgemäss und gilt teilweise gar als unhöflich und kann sogar missverständlich sein (sind tatsächlich nur männliche Bewohnende gemeint oder auch weibliche?). Dies zeigt, dass Sprache nichts Statisches ist, sondern sich gesellschaftliche Veränderungen auf diese auswirken können. Gleichzeitig ist Sprache wiederum nicht nur Ausdruck gesellschaftlicher Veränderungen und Machtverhältnisse, sondern sie prägt diese umgekehrt auch massgeblich. Denn Sprache beeinflusst – bewusst oder unbewusst – unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Handeln. Deshalb wird von Seiten der Wissenschaft und Politik Wert daraufgelegt, gendergerecht zu schreiben. Der Hinweis «Der Einfachheit halber wird im folgenden Text nur die männliche Form verwendet, weibliche Personen sind mitgemeint» (also die alleinige Verwendung des sog. generischen Maskulins) ist dazu nicht ausreichend. Im Folgenden möchte ich Ihnen verschiedene Möglichkeiten gendergerecht zu schreiben darlegen sowie deren Vor- und Nachteile aufzeigen, um Ihnen eine Empfehlung abzugeben für eine einheitliche Handhabung gendergerechter Schreibungen in Ihrer Institution oder Gemeinde. Übersicht über die Varianten gendergerechter Schreibweise sowie deren Vor- und Nachteile Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über die gängigsten gendergerechten Schreibweisen. Sie ist unterteilt in die ausgeschriebenen Paarformen, bei denen beide Geschlechter explizit angesprochen werden, in abgekürzte Varianten, bei denen die männliche und die weibliche Form im selben Wort getrennt werden und zuletzt in Varianten, in denen die Geschlechtervielfalt abgebildet wird. Diese sprechen nicht nur männliche oder weibliche Personen, sondern auch Personen weiterer Geschlechter und Zwischenformen an. Daneben gibt es noch weitere Formen wie beispielsweise das generische Femininum. Bei diesem wird immer die weibliche Form geschrieben und davon ausgegangen, dass die männliche Wortform in der weiblichen enthalten ist. Auf diese werde ich in diesem Beitrag nicht weiter eingehen. 1. Ausschreiben «Die Klientinnen und die Klienten haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Die wahrscheinlich bekannteste und eine der einfachsten Varianten ist, beide Geschlechter auszuschreiben und mit einem «und», «oder» oder «sowie» zu verbinden. In manchen Sprachleitfäden wird festgehalten, dass stets die weibliche vor der männlichen Wortform zu nennen sei. Dies wird auch Titanic-Prinzip genannt, im Sinne von «Frauen und Kinder zuerst!». Dagegen spricht, dass die Frauen damit als das schwächere Geschlecht angesehen werden. Eine andere Möglichkeit ist es, abwechselnd einmal die männliche und ein andermal die weibliche Wortform zuerst zu nennen. Die Vor- und Nachteile sind hier zusammengefasst: 2. Ausschreiben mit Schrägstrich «Die Klientinnen/die Klienten haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Eine andere Möglichkeit beide Geschlechter auszuschreiben, ist die Trennung mit Bindestrich. Diese Variante empfehle ich nicht, da es den Lesefluss negativ beeinflusst und in barrierefreien PDFs schlecht übersetzt wird. 3. Binnen-I «Die KlientInnen haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Das Binnen-I ist eine pragmatische und kurze Form, um beide Geschlechter anzusprechen. Früher wurde das Binnen-I vom Duden strikt abgelehnt. Seit 2008 heisst es im Duden nur noch, dass das Binnen-I in der amtlichen Rechtschreibung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Die Schwierigkeit besteht darin, dass es – wie alle abgekürzten Varianten – manchmal zu inkorrekten Wortformen führt. Möchten Sie beispielsweise schreiben: «Im Zimmer vom KlientenIN … » dann kommen Sie mit dieser Variante an eine Grenze. Die Lösung ist, in diesem Fall entweder beide Formen auszuschreiben – «Im Zimmer von der Klientin oder vom Klienten… » –, oder das Wort zu substantivieren: «In den KlientInnenzimmern…». 4. Trennung mit Schrägstrich «Die Klient/innen haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Eine weitere pragmatische und kurze Form ist die Trennung mittels Schrägstrich. An dieser Schreibweise wird kritisiert, dass sie Frauen zu einem abtrennbaren Anhängsel degradiert werden. Ausserdem ist umstritten, ob diese Schreibweise grammatikalisch korrekt ist. 5. Trennung mit Schräg- und Bindestrich «Die Klient/-innen haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Im Unterschied zu der vorherigen Variante wird bei dieser Form ein Bindestrich hinzugefügt, wodurch diese Variante zumindest grammatikalisch korrekt wird. 6. Gender-Gap «Die Klient_innen haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Nicht alle Menschen identifizieren sich mit dem Geschlecht «Frau» oder «Mann». Denn neben dieser binären Unterteilung gibt es noch andere Geschlechtsidentitäten, die mit Zwischengeschlechtlichkeit oder Transidentität zu tun haben. Um diese ebenso anzusprechen, gibt es den Gender-Gap oder das Gendersternchen. Beide Varianten funktionieren auch im mündlichen Sprachgebrauch. Und zwar wird dazu an der Stelle, an der sich der Gap (oder das Sternchen) befinden, eine Pause eingelegt. Auch automatische Sprachprogramme und barrierefreie PDFs erkennen diese Schreibweise. 7. Gender-Sternchen «Die Klient*innen haben die Möglichkeit, aus verschiedenen Menüs zu wählen.» Das Gender-Sternchen stammt ursprünglich aus der Informatik, wo das Sternchen für eine beliebige Anzahl von Zeichen steht. Damit unterscheidet sich die Bedeutung klar von der des Unterstrichs. Denn der Unterstrich steht lediglich für eine Variable. Damit wird mit dem Sternchen noch klarer, dass es nicht nur ein drittes Geschlecht gibt, sondern zahlreiche unterschiedliche Geschlechterformen. Empfehlung für soziale Organisationen Wie Sie sehen, bringt jede Form Vor- und Nachteile mit sich. So brauchen die ausgeschriebenen Formen relativ viel Platz, die abgekürzten Varianten sind nicht immer lesefreundlich und grammatikalisch korrekt. Welche Variante Sie wählen, hängt davon ab, welche Art von Dokumenten Sie primär verwenden und davon, welche Aussenwirkung sie mit diesen erzielen möchten. Verfassen Sie viele kurze Flyer, so sind die ausgeschriebenen Varianten nicht unbedingt gewinnbringend. Schreiben Sie hingegen vor allem längere offizielle Briefe, dann bietet sich die ausgeschriebene Form an. Trotzdem empfehle ich, dass Sie innerhalb Ihrer Institution für alle internen wie auch extern verwendeten Schriftstücke eine einheitliche Schreibweise festlegen. Von den ausgeschriebenen Varianten empfehle ich die Nummer 1, bei der beide Wortformen mit einem Verbindungswort («und», «oder» etc.) verbunden werden. Wenn Sie sich für eine abgekürzte Variante entscheiden, dann würde ich direkt das Gendersternchen verwenden. Während vor einigen Jahren Abkürzungen mit Schrägstrich noch die verbreitetsten waren, so liegt der Trend im Moment beim Unterstrich und beim Sternchen. Insbesondere vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention und Grundsätzen wie der Nicht-Diskriminierung und Inklusion ist dies ein wertvolles Zeichen! Literatur und Tipps Das Genderwörterbuch. Online: www.geschicktgendern.de (letzter Zugriff: 11.6.2020) Umfassendes Nachschlagewerk des Bundes Geschlechtergerechte Sprache. Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen. 2. Auflage von 2009. Online: www.bk.admin.ch/ (letzter Zugriff: 1.6.2020) Universität Bern, Abteilung für Gleichstellung von Frauen und Männern (2017): Empfehlungen für die Universität Bern. Geschlechtergerechte Sprache. Online: www.gleichstellung.unibe.ch (letzter Zugriff: 1.6.2020) Universität Zürich (2018): Geschlechtergerecht in Text und Bild. Leitfaden. Online: www.gleichstellung.uzh.ch (letzter Zugriff: 1.6.2020)
Das Menschenbild ist integraler Bestandteil eines Begleitkonzeptes und darf somit nicht fehlen. Doch was hat es eigentlich damit auf sich? Wieso ist es so wichtig, welche unterschiedlichen Arten von Menschenbildern gibt es und woran sollten Sie denken bei der (Weiter-)Entwicklung ihres Menschenbildes? Erst wenn man das versteht, ist man auch in der Lage, ein individuelles und aussagekräftiges Menschenbild zu entwickeln. Deshalb werde ich nachfolgend näher auf diese Fragen eingehen Was ist ein Menschenbild? Menschenbilder sind Vorstellungen, die wir von den grundlegenden Wesensmerkmalen und Eigenschaften des Menschen haben. Wir alle versuchen, das Verhalten unserer Mitmenschen zu erklären, vorherzusagen und zu beeinflussen.
Nietzsche hat geschrieben: «Überzeugungen sind gefährlichere Wahrheiten als Lügen». Den Grund dafür eine solche Aussage zu machen, sehe ich darin, dass uns die Überzeugungen, im Gegensatz zu den Lügen, oftmals nicht bewusst sind. Umso wichtiger ist es, sein Menschenbild bewusst zu reflektieren und festzuhalten. Warum ist die Reflexion und das Festhalten des Menschenbilds so wichtig? Bei Menschenbildern lässt sich ein spannender Effekt zu beobachten: Sie bewahrheiten sich oftmals – wobei sie des Öfteren auch durchaus widersprüchlich sein können. So gehen etwa einige Führungskräfte von der Annahme aus, dass glückliche Kühe mehr Milch geben. Andere wiederum nehmen an, dass mehr Gehalt zu mehr Leistung führt. Dieses Phänomen der sich selbst erfüllenden Annahmen ist auch bekannt unter den Begriffen «Rosenthal-Effekt», «Pygmalion-Effekt» oder «Selbsterfüllende Prophezeiung».
Die Folge davon dürfte sein, dass Leo weniger Möglichkeiten erhält, Erfahrungen zu sammeln und seine Kompetenzen zu erweitern und dadurch ein geringeres Selbstvertrauen sowie eine geringere Selbstwirksamkeit entwickelt. Dementsprechend wird Leo in seinem Verhalten voraussichtlich auch weniger kompetent und erfolgreich sein. Die Mutter nimmt dies wahr und dürfte sich in ihren Annahmen bestätigt fühlen, weswegen sie sich noch intensiver diesem Menschenbild entsprechend verhalten dürfte. Ein Teufelskreis, der dazu führt, dass Leo sich immer mehr in diese für ihn nachteilig auswirkende Richtung entwickelt. Dieses Beispiel lässt sich gut auf unseren Umgang mit unseren Klient*innen, aber auch mit unseren Mitarbeitenden übertragen und zeigt deutlich, weshalb es so wichtig ist, seine Vorstellungen und Erwartungen explizit zu machen und zu hinterfragen. Ausserdem ist es ein Hinweis darauf, weshalb es sinnvoll ist, Menschenbilder etwas positiver zu formulieren, als sie objektiv gesehen gerechtfertigt wären. Welche unterschiedlichen Menschenbilder gibt es? Menschenbilder sind stark abhängig von unserer Kultur, der Region, in der wir leben, der Branche, in der wir tätig sind und auch dem Zeitgeist. Um den raschen Wandel der Menschenbilder noch weiter zu verdeutlichen, möchte ich Ihnen nachfolgend einige Menschen nennen, die das Menschenbild ihrer Zeit stark geprägt haben bzw. die vorherrschenden Menschenbilder ihrer Zeit zum Ausdruck bringen.
Noch vor 10 Jahren wurde in Behinderteninstitutionen mit einem anderen Menschenbild gearbeitet als heute. Inzwischen gibt es eine neue Ausrichtung des Verständnisses von Behinderung. An die Stelle von Fürsorge und Ausgleich vermeintlicher Defizite ist heute das Verständnis getreten, dass Menschen mit Beeinträchtigung selbstbestimmt entscheiden können, was ihnen guttut. Menschenbilder sind also nichts Statisches, sondern sie verändern sich im Laufe der Zeit. Es ist deshalb sinnvoll und notwendig, diese in regelmässigen Abständen zu überprüfen und zu überarbeiten. Worauf ist zu achten bei der (Weiter-)Entwicklung des Menschenbildes? Es ist sinnvoll, sich als Institution eigene Gedanken zum Thema Menschenbild zu machen. Denn die Aussage «Wir orientieren uns am humanistischen Menschenbild» ist für die Umsetzung im Alltag meist nur wenig hilfreich. Dies merken sie spätestens dann, wenn sie ihre Mitarbeitenden konkret fragen: «Woran würde eine Besucherin erkennen, dass Ihrer Arbeit das humanistische Menschenbild zugrunde liegt?» Folgende Fragen könnten Ihnen helfen, ein individuelles und aussagekräftiges Menschenbild zu entwickeln:
Ich hoffe, dieser Artikel regt Sie dazu an, sich mit Ihrem Menschenbild auseinanderzusetzen und dieses zu hinterfragen. Ich freue mich immer über Ihre Kommentare und Rückmeldungen. Und falls Sie Unterstützung benötigen sollten bei der konzeptionellen (Weiter-)Entwicklung ihres Menschenbildes: Ich bin gerne für Sie da.
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Sonja Gross Master of Arts in Erziehungswissenschaft
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